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Rückblick auf die Altmannszeit -

drei ehemalige Direktoren und Präfekten kommen zu Wort

Josef Stemplinger (Direktor 1980-1990)

 

Was sind schon zehn bzw. 34 Jahre im Vergleich zur Jahrhunderte währenden Geschichte des jetzigen Hau­ses der Begegnung Heilig Geist. Zehn Jahre — von 1980 bis 1990 durfte ich im Auftrag der Passauer Bischöfe Dr. Antonius Hofmann und Dr. Franz Xaver Eder letzter Di­rektor des Bischöflichen Studienseminars St. Altmann sein, das 1956 im früheren Krankenhaus seinen „Betrieb" aufgenommen hat. Das Seminar St. Altmann hatte auch in der letzten Dekade seines Bestehens trotz rückläufiger Schülerzahlen einen guten Namen bei den rund 100 Se­minaristen und deren Eltern, die mir, dem Direktor, und meinen Mitarbeitern die erzieherische Mitverantwor­tung für ihre Söhne übertragen hatten. Auch heute, über 20 Jahre nach seiner Schließung, ist das Seminar ein Se­gen für die Kirche von Passau — nicht nur wegen der Priester und Mitarbeiter im pastoralen Dienst, die es dem Seminar St. Altmann mit verdanken, dass in ihnen der Same ihrer Berufung gesät und zur ersten Entfaltung ge­bracht wurde.Der hl. Bischof Altmann (1015-1091) hat dem Se­minar nicht nur seinen Namen gegeben. Auch den Wortsinn des Namens „Altmann" (althochdeutsch „adal"und „man") deutete ich als richtungweisend und maßgeblich für die damalige Seminarerziehung. Das Seminar verstand sich keineswegs als exklusive Einrich­tung für Söhne „besserer Leute", wie es das althochdeut­sche „adal" (edel, von vornehmer Abstammung) ver­muten lassen könnte. Nein - das Seminar gab sich alle Mühe, in den jungen Menschen die in Taufe und Fir­mung erworbene edle Würde ihres Christseins zu lördern, sie auf dem Weg zum Mann (althochdeutsch „man") zu begleiten und dazu beizutragen, dass sie in welcher Berufung oder welchem Beruf auch immer „ihren Mann stehen" können.Viele Bischöfliche Seminare und von Klöstern geführte Internate waren spätestens im letzten Jahrhundert des zweiten Jahrtausends Geschichte - so auch das Seminar St. Altmann.Am 13. März 1990 hat Generalvikar Lorenz Hütt­ner dem Dies des Dekan­ats Burghausen in Aussicht gestellt, dass dem Haus der Name „Seminar St. Alt­mann" erhalten bleiben soll, um das in Zukunft gleichbleibende Grundan­liegen zu dokumentieren: Menschen sollen „Glaubens­erfahrungen machen, ihre je eigene Berufung erkennen und in ihrem Hunger nach religiösem Leben Erfüllung finden". In einem „Grundkurs des Glaubens"' gehe es um Tiefgang, um „Tabor- und Emmauserlebnisse" und letztlich um die „Erfahrung des Herrn Jesus Christus selbst". Ob das damals ausgegebene Ziel, das Seminar St. Altmann solle „eine neue Oase geistlichen Lebens für das dritte Jahrtausend" werden, im jetzigen Haus der Begegnung Heilig Geist an­gestrebt und erfüllt wird, können alle kompetent beur­teilen, die in diesem Haus nicht nur Gäste sind, sondern sich zuhause fühlen.In der 1990 erschienenen Festschrift „Alten- und Pfle­geheim der Heilig-Geist-Spitalstifiung Burghausen " erläu­tert StD Alois Buchleitner, dass das Burghauser Heilig-Geist-Spital im Mittelalter eine „segensreiche Sozialein­richtung"'war, weil sich im damals „erstarkten Bürgertum die Gewissenspflicht regte, ...an Fürsorge für die vom Le­ben und Schicksal Benachteiligten und an den Rand der Ge­sellschaft Gedrängten zu denken ". Da sich manche Men­schen damals Ende des zweiten Jahrtausends und leider .uu Ii heule im Netz unseres Sozialstaats keineswegs auf­gefangen und ausreichend umsorgt erleben, wäre es durchaus eine sehr bedenkenswerte Option gewesen,das Seminar St. Altmann nach 1990 (wie im Mittelalter) als „segensreiche Sozialeinrichtung" der Kirche zu nützen.„Das Gesicht ihnen zuge­wandt" (facie conversa ad illos), sollten die Priester des Burghauser Spitals den Kranken die Feste und das Wort Gottes verkünden. So verfügte es Erzbischof Friedrich III. 1332. Es dau­erte noch über 600 Jahre, bis sich die Priester auch bei der Feier der Messe wie­der den Menschen zu­wandten. Einer der Ersten, der dies in seiner Diözese selbst tat und schließlich maßgeblich für die ganze Kirche durchzusetzen verhalf, war der Passauer Bischof Simon Konrad Landersdorfer. Als das Zweite Vatikanische Kon­zil 1963 die neue Liturgiekonstitution veröffentlichte, stand im Passauer Dom schon zwei Jahre lang ein fester Altar in der Vierung, an dem die Priester die Messe „ver­sus populum", dem Volk zu gewandt, feiern konnten.Im alten Burghauser Spital hatte der gleiche Bischof 1956 das Knabenseminar „St. Altmann" eröffnet mit dem erklärten Ziel den Priesternachwuchs im Bistum zu fördern. Es ist kaum verwunderlich, dass er auch hier frühzeitig für einen festen Mittelaltar sorgte. Am 11. März 1967 weihte er das neue Werk, das nach Entwür­fen des Burghauser Künstlers und Lehrers am Kurfürst-Maximilian-Gymnasium Albert Balthasar angefertigt worden war. Gewaltig, schwer und unverrückbar stand der neue Stein am Ubergang von Langhaus und Presby-terium: eine Manifestation der neuen Zeit. Hier stand nun der Priester bei der Messe, das Gesicht den Zöglin­gen des Seminars zugewandt.Es war die hohe Zeit des Internats: über 120 Schüler lebten und lernten damals im Haus. Der frische Wind des Vatikanums belüftete das alte Gemäuer. Der Erneuer­ungswillen erfasste auch die Gebäude. Schon 1964 er­richtete man den neuen Festsaalbau, der vor allem für Schülertheater Verwendung fand. Ein Aufzug ersetzte 1966 die barocke Treppe im alten Spitaltrakt und noch 1973, als die Schülerzahlen schon etwas zurückgingen, baute man das Dachgeschoß für weitere Einzelzimmer aus. Auch die Kirche wurde ab 1969 einer grundlegenden Renovierung unterzogen. Die Neuausstattung von 1967 mit Altar, Ambo und Tabernakel beanspruchte viel Raum. Andererseits waren die Seitenaltäre nach der Li­turgiereform überflüssig geworden. Ohne viel Federlesens entfernte man deshalb die barocken Werke, die einst Spi­talpfleger Huber 1776 hatte aufstellen lassen. Die Ein­zelteile sind seither verstreut. Das Gemälde des rechten Seitenaltars hängt im Stadtmuseum auf der Burg. Das Auszugsbild wird noch im Haus aufbewahrt. Den linken Seitenaltar mit Bildern wohl aus der Werkstatt Cajetan Peter Forsters hat man 1970 in der kleinen Johanneskir­che von Untergrasensee bei Pfarrkirchen aufgestellt.Der große Aufbruch der 1960er Jahre scheint irgend­wann steckengeblieben zu sein. Die Schülerzahlen im Se­minar St. Altmann nahmen in der folgenden Zeit so stark ab, dass es 1990 geschlossen werden musste. Auch der so unverrückbar erscheinende Mittelaltar steht seit 1997 nicht mehr in der Kirche. Die mit ihm verbundene Idee einer gemeinsamen Feier der Liturgie ist jedoch nicht ver­lorengegangen. Heute stehen Priester und Besucher des Hauses der Begegnung bei der Messe gemeinsam um ei­nen Altar und einen Ambo in ihrer Mitte: das Gesicht einander zugewandt.

 

(Josef Stemplinger, Sankt Altmann: Namensgeber für eine Seminarära, in: Heilig Geist Burghausen, Haus der Begegnung Heilig Geist 2012, 77-78)

 

 

Walter Wakenhut (Direktor 1972-1980)

 

Nach einer sehr kurzen Kaplanszeit von vier Monaten in Passau Hacklberg traf mich die Versetzung zum 1. Januar 1969 nach Burghausen in das Bischöfliche Studiense­minar St. Altmann plötzlich und unvorbereitet. Diese Stelle war nicht mein Wunsch; als Neupriester hatte ich gerade angefangen mich in die Pfarrei und damals auch noch in den Pfarrhof einzuleben und wohl zu fühlen. Burghausen war zudem meine Heimatstadt, in der der Prophet bekanntlich nichts gilt. Die damit verbundene Pflicht, an einem Burghauser Gymnasium Religions­unterricht zu erteilen, machte die neue Stelle auch nicht attraktiver. Trotzdem war ich dann elf Jahre und acht Monate in Burghausen, zuerst als Präfekt und dann ab 1972 als Direktor.1969, als ich dort nach den Weihnachtsferien meinen Dienst antrat, war der gestrenge Monsignore Alois Dop-pelberger Direktor. Als ehemaliger Offizier führte er sei­nen Stab — damals zwei geistliche Präfekten und einen Musikpräfekten - und die Truppe, die Seminaristen, mit starker Hand. Da die Schüler damals noch die ganze Wo­che - es gab keine Wochenendheimfahrten - im Haus wa­ren, war auch sieben Tage Dienst angesagt. Der theoretisch vorhandene freie Tag diente dazu, dass die Präfekten in die Pfarreien fuhren, um neue Seminaristen zu gewinnen.Damals zeigte sich nämlich schon, dass das Seminar als elitäre Bildungsstätte mit der Gründung vieler Gym­nasien im Land eigentlich überflüssig wurde. Die Schließung aller drei Burg­hauser Seminarien in den Jahren um 1990 war so ei­gentlich nur logische Kon­sequenz einer sich lange an­bahnenden Entwicklung.

 

Die Erwartungen der Diözesanleitung an die Semina­re waren eindeutig. Sie dienten dem alleinigen Zweck der Gewinnung von Priesternachwuchs. Entsprechend waren die Hausordnung und die Auswahl der Schüler. Mit dem Konzil und dem gesellschaftlichen Wandel, der mit der Jahreszahl 1968 verbunden wird, gerieten die traditio­nellen Seminare in die Krise. Aus der ausschließlichen Ausrichtung auf den geistlichen Beruf wurde eine Be­rufsbezogenheit, die gegen Ende ihres Bestehens auch keine große Rolle mehr spielte. Das Ende war nicht auf­zuhalten. Anzeichen dafür gab es bereits in den siebziger Jahren. Die Zahl der Schüler, die sich mit den Zielen des Seminars identifizierten, wurde immer kleiner, entspre­chend auch die Zahl derer, die sich für einen kirchlichen Beruf entschieden. Wir versuchten dem mit einem viel­fältigen Angebot von Freizeitaktivitäten entgegen zu wir­ken - heute würden wir sagen Events. Die jungen Leute sollten Kameradschaft, sollten auch ihr Christsein erleben und erfahren können, um so einen lebendigen Bezug zum Glauben zu gewinnen. Zeltlager, Bergwochen und Radtouren waren die großen Renner und lassen in man­chen Ehemaligen noch heute nostalgische Gefühle auf­kommen.

Die Ära der Bischöflichen Studienseminare ist vorbei. Das sollte uns aber nicht vergessen lassen, dass sie damals, als es nur wenige Gymnasien gab, für viele Buben die ein­zige Möglichkeit waren, eine höhere Bildung zu erlangen. Nicht nur viele Priester, sondern auch Lehrer, Beamte, Richter und andere Akademiker sind diesen Weg gegan­gen. Dieser Beitrag unserer Kirche zur Volksbildung soll­te nicht zu gering eingeschätzt werden. Und mancher Weg in Pfarreien und Familien, den wir als Präfekten da­mals vor vierzig Jahren gehen mussten, ist im Nachhin­ein durchaus sinnvoll gewesen. Für mich waren diese Jahre in Burghausen eine gute Zeit, nicht zuletzt der jun­gen Menschen wegen, die ich damals kennen und schät­zen lernen durfte und mit denen ich über Jahre hinweg immer noch in guter Verbindung stehe.

 

(Walter Wakenhut, Rückblick auf die Altmannzeit, in: Heilig Geist Burghausen, Haus der Begegnung Heilig Geist 2012, 76)

 

 

Artur Sir (Musikpräfekt 1960-1965)

 

Erinnerungenan mein Wirken als Musikpräfekt in der Zeit vom 1. Februar 1960 bis 31. August 1965 im Bischöflichen Knabenseminar Sankt Altmann, Burghausen:Nach zweijähriger Tätigkeit als Organist und Chorleiter in der Stadtpfarrei "Herz Jesu" in Schwandorf in der Oberpfalz begann ich nach einem Vorstellungsgespräch mit etwas gemischten Gefühlen meine Arbeit als Musiklehrer und Erzieher im noch im Aufbau befindlichen Seminar Sankt Altmann.Bei der Ankunft mit meinem etwas betagten "Luxusmobil Loyd 400" (Leukoplastbomber) wurde ich von den Buben im Hof und von den Baikonen herunter mit großem Hallo empfangen.Hochwürdiger Herr Direktor Alois Doppelberger machte mich in seiner freundlichen und väterüchen Art mit meinen Mitarbeitern, Hochwürdigen Herrn Präfekt Gebauer, den Ehrwürdigen Schwestern und Herrn Hausmeister Steinthaler mit seiner Gattin und Söhnen bekannt.

 

Wenn ich zurückdenke, waren für mich die 5 1/2 Jahre "zwischen Ach und Weh, Kreuz, Kümmernis und Klausen im Schindernest Burghausen" -ausgedrückt mit den Worten unserer im humanistischen Gymnasium mit den damals noch schwierigen Unterrichtsfächern Griechisch und Latein "geschundenen und geplagten" Seminaristen (Kaffern) aller Jahrgänge - eine wunderschöne, mich für mein späteres Leben prägende, vielleicht schicksalhafte Zeit.

 

Meine Aufgabe bestand vornehmlich darin, neben der Aufsichtspflicht während der Studier- und Freizeiten unsere "armen und überlasteten Gymnasiasten" noch mit Klavier-, Orgel- und Instrumentalunterricht, Singstunde und Chorproben für die Gestaltung der Gottesdienste und sonstiger Feierlichkeiten zusätzlich zu belasten. Besonders freute ich mich, daß sich im Laufe der Zeit aus meinen recht zahlreichen Instrumentalisten gar nicht wenige musikalische Talente entwickelten.Nur eine kleine Auswahl festlicher Höhepunkte während der Wirkungszeit meines sehr verehrten Chefs, Hochwürdigen Herrn Direktor Alois Doppelberger in Zusammenarbeit mit den Hochwürdigen Herrn Präfekten Gebauer, Kroiß und Hamp sei neben zahlreichen anderen Veranstaltungen noch erwähnt: Die Anschaffung einer Orgel für die Gottesdienstgestaltung in der kunsthistorisch wertvollen Seminarkirche und die feierliche Einweihung des neu erbauten Theatersaales mit Aufenthalts- und Spielräumen.

 

Besonders erlebnis- und ereignisreich gestalteten sich unsere jährlichen Personalausflüge während der Pfingstferien zu den Klöstern Österreichs, ins Elsaß, nach Norditalien, in die Schweiz und eine Domreise ins Main-, Rhein-und Moseltal.Während meines Wirkens im Studienseminar Sankt Altmann erlebte ich viel Freude, lernte lebenswerte und interessante Menschen kennen und eine äußerst befriedigende Erziehungsarbeit mit christlich geprägten, fröhlichen und unbeschwerten jungen Menschen. Eine unvergeßliche und glückliche Zeit, die mir für meinen späteren Beruf als Lehrer viel gegeben hat, und mich zu Dank verpflichtet.Seit September 1964 unterrichte ich - wieder zurückgekehrt in meine Oberpfälzer Heimat - Schülerinnen und Schüler der Staatlichen Realschule Nabburg in den Fächern Musik und Maschinenschreiben.Aufgrund meiner Verehelichung 1968 in der Seminarkirche mit einer Burghauserin ist die Verbindung zur schönen oberbayerischen Stadt Burghausen nie abgerissen.

 

(Artur Sir, Erinnerungen, in: Bischöfliches Studienseminar St. Altmann Burghausen 1956-1990, 1990, 58)

 

 

 

Seminar St. Altmann, Bischöfliches Studienseminar St. Altmann

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